Laut neuer Rechtsprechung kann jetzt auch für Fahrzeuge ohne Rückrufaktion des KBA oder Audi Schadensersatz gefordert werden.

Schadensersatz auch ohne Rückrufaktion
Dass viele Automodelle seit 2015 Teil einer Rückrufaktion waren, hat mittlerweile jeder mitbekommen. Auch, dass Schadensersatzforderungen gegen die Automobilhersteller geltend gemacht werden können und Kaufpreise zurückerlangt werden. Bis jetzt war das aber nur möglich, wenn das Auto vorher bereits wegen manipulierter Abgaswerte Teil einer Rückrufaktion vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) war.
Welche Modelle könnten noch betroffen sein?
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Die Antwort hierauf ist sehr einfach: Alle mit illegalen Abschalteinrichtungen. Diese Abschalteinrichtungen bewirken, dass die betroffenen Dieselfahrzeuge, die im Straßenverkehr die erlaubten Emissionswerte überschreiten, im Prüfstand die Werte dann durch eine Abschaltungseinrichtung einhalten. Für diese kann dann auch ohne Rückrufaktion Schadensersatz geltend gemacht werden. Viele dieser Modelle sind bereits Teil einer Rückrufaktion des KBA. Auch bei Audi Modellen mit den Dieselmotoren EA 896 und EA 897 besteht laut Pressemitteilungen und neueren Urteilen die Chance, Schadensersatzforderungen durchzusetzen (LG Flensburg vom 07.10.2020, Az.: 4 O 33/20). Auch Modelle mit dem Motor EA 896 Gen2 konnten bereits zurückgegeben werden (OLG Naumburg vom 18.09.2020, Az.: 8 U 39/20). Modelle mit dem EA 189 und EA 288 sind bereits Teil einer Rückrufaktion (LG Bayreuth vom 23.04.2020, Az.: 21 O 622/19).
Wir gehen davon aus das ALLE Dieselmodelle von Audi an Euro 4 betroffen sind und Abgasmanipulationen enthalten. Alles andere wäre lebensfremd, da die verbauten Motoren eben die strengem Emissionsgrenzen bei Normalgebrauch nicht erreichen können, sondern um ein Vielfaches überschreiten.
Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung muss der Kläger beweisen
Ein Rückruf ist keine Voraussetzung, um Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Auch ohne Rückrufaktion wurde bereits von einigen Gerichten entschieden, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig seien, wenn sie zu erhöhtem Emissionsausstoß im Straßenverkehr führen. Diese Meinung vertritt auch die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston.
Dass auch bei Ihnen eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt, müssen Sie vor einer offiziellen Rückrufaktion selbst beweisen. Hierfür ist meistens ein Sachverständigengutachten erforderlich. Wenn jedoch bereits feststeht, dass eine Abschalteinrichtung eingebaut ist, können Sie Ihre Schadensersatzansprüche auch ohne Rückrufaktion und ohne Gutachten geltend machen (LG Stuttgart, Urteil vom 17.01.2019, Az. 23 O 172/18 und 23 O 178/18).
Indizien hierfür kann sein, dass z.B. das KBA ein fast baugleiches Modell zurückgerufen hat. Das Kraftfahrtbundesamt gehr leider nur zögerlich und zu langsam mit den Prüfungen und Rückrufen voran. So kann es durchaus sein, dass ein Abwarten nicht geboten ist und Schadenersatzansprüche zwischenzeitlich verjähren. VW versucht immer wieder die dreijährige Verjährung in Prozessen einzuwenden, obwohl teilweise keine Rückrufbescheide vorlagen und VW bis heute den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung und einen Schadenseintritt bestreitet.
Kleiner oder großer Schadenersatz?
Gegen Rückgabe des Fahrzeugs haben Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung. Dies ist der Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer. Nutzen Sie einfach unserern Anspruchsrechner zur Berechnung ihres Anspruchs.
Sofern der Anspruchsgegner, also Audi zum Beispiel, keine substantiierten Ausführungen machen kann, die die Angaben der Autobesitzer entkräften können, wurde die Klage bis jetzt nie abgewehrt.
BGH Urteil vom 22.02.2020 zum Schadensersatz von Audi

Die BGH-Richter gehen nach Vorberatungen nicht davon aus, dass Audi von den Abgasmanipulationen bei VW zwangsläufig gewusst haben muss. Der verhandelte Fall wird daher aller Voraussicht nach an das Oberlandesgericht Naumburg zurückverwiesen. Hier erhält der Kläger Gelegenheit zur Sittenwidrigkeit von Audi konkreter vorzutragen. Das Urteil des BGH (Bundensgerichtshof) – IV ZR 505/19 – ist noch nicht veröffentlicht. Lesen Sie hier mehr zum BGH Urteil.
Klage wegen “sittenwidriger Schädigung”
Der Audi-Besitzer kaufte im Mai 2015 einen gebrauchten Audi A6 Avant. In dem Fahrzeug war der Dieselmotor EA 189 mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung eingebaut. Diese Motoren hatte Audi vom Mutterkonzern VW übernommen. Bei diesen Dieselmotoren wurde der vorgeschriebene niedrige Stickoxidausstoß nur auf dem Prüfstand erreicht, nicht jedoch im Straßenverkehr. Nachdem der Dieselskandal öffentlich wurde, gab es eine Rückrufaktion. Das Fahrzeug des Klägers erhielt 2016 ein Software-Update. Der Besitzer klagte dennoch auf Schadenersatz wegen sittenwidriger Schädigung und will das Auto gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben.